§ 18a TVöD (VKA) - Steuervorteile durch Sonderzahlungen nutzen (Teil II.): Inflationsausgleichsprämie gem. § 3 Nr. 11c EStG
| Arbeitsrecht
HINTERGRUND
Bereits mit unserer Mandanteninformation vom 15.02.2022 haben wir auf die mit der Einführung des § 18a TVöD (VKA) eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten bei der leistungsorientierten Bezahlung hingewiesen, damals insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Verwendung des dafür vorgesehenen Budgets für steuerprivilegierte, sogenannte Corona-Prämien.
Entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich nun im Hinblick auf die sogenannte Inflationsausgleichsprämie. Danach sind nunmehr auch zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 € einkommenssteuerfrei. Die dazu erforderliche Ergänzung des Einkommensteuergesetzes hat am 7. Oktober 2022 den Bundesrat passiert und wird in Kürze in Kraft treten.
GESETZLICHE REGELUNG
1. Kern der Neuregelung
Wie schon die steuerliche Privilegierung der sogenannten Corona-Prämien wird auch die steuerliche Privilegierung der Inflationsprämie durch eine Ergänzung des Einkommensteuergesetzes umgesetzt. Der neu geschaffene § 3 Nr. 11c EStG wird folgenden Wortlaut erhalten:
„Steuerfrei sind
(…)
11c zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom … (Einsetzen: Datum des auf den Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes folgenden Tages) bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährten Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3000 €“.
Missverständlich sind insoweit die Einschübe „in Form von Zuschüssen und Sachbezügen“ und „zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise“. Anders als der Wortlaut vermuten lassen könnte, sind damit jedoch keine besonderen Voraussetzungen hinsichtlich der Zahlweise oder einer Zweckbindung der gewährten Leistungen verbunden. Ausdrücklich heißt es dazu in der Gesetzesbegründung:
„§ 3 Nr. 11c – Neu – EStG regelt, dass Arbeitgeber Leistungen zur Abmilderung der Inflation bis zu einem Betrag von 3000 € steuerfrei an ihre Arbeitnehmer gewähren können (Inflationsausgleichsprämie). Es handelt sich um einen steuerlichen Freibetrag, der unabhängig davon gilt, ob die Leistungen in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen gewährt werden. Die Regelung ist von der Wirkweise vergleichbar mit der Regelung in § 3 Nr. 11a EStG (Anmerkung: Das war die allgemeine Corona-Prämie). An den Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (z. B. durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.“
Allerdings muss es sich um eine „zusätzlich“ gewährte Leistung handeln. § 8 Abs. 4 EStG definiert diese wie folgt:
„Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistung des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
3. die Verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird. Unter den Voraussetzungen des S. 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann aus-zugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen Arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.“
Auch wenn das Gesamtbudget für die leistungsorientierte Bezahlung bereits durch Tarifvertrag vorgesehen und für die Beschäftigten zu verwenden ist, bedeuten Zahlungen daraus an Arbeitnehmer nicht, dass es sich für diese von vornherein um gewöhnlichen Arbeitslohn handelt. Ob und in welcher Höhe einzelne Arbeitnehmer Leistungen daraus erhalten, ergibt sich erst aus den von den Betriebsparteien dazu vereinbarten Regelungen. Auch anlassbezogene Sonderzahlungen gemäß § 18a TVöD (VKA) können daher unseres Erachtens gemäß § 8 Abs. 4 EStG „zusätzlich“ und damit steuerfrei sein. Diese Rechtsauffassung wurde uns durch einzelne Finanzämter auch hinsichtlich einer Corona-Prämie aus einem § 18a TVöD (VKA) Budget bestätigt. Solange eine gefestigte Verwaltungspraxis dazu jedoch nicht existiert, empfehlen wir aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht die Einholung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Finanzamt.
TARIFLICHE VORGABEN
2. Inflationsausgleichsprämie als Sonderzahlung gem. § 18a TVÖD (VKA)
Der mit der Tarifeinigung vom 25. Oktober 2020 eingeführte § 18a TVöD (VKA) gestattet die vollständige oder teilweise Verwendung des für die leistungsorientierte Bezahlung vorgesehenen Gesamtvolumens unter anderem für Sonderzahlungen, wenn die Betriebsparteien dies durch Betriebs- oder freiwillige Dienstvereinbarung verein-baren. § 18a TVöD eröffnet den Betriebsparteien somit einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Verteilung und Verwendung des für die leistungsorientierte Bezahlung zur Verfügung stehenden Budgets, unter anderem für „Sonderzahlungen“, ohne diese jedoch näher zu definieren. Für eine „Sonderzahlung“ dürfte jedoch zumindest ein „besonderer Anlass“ erforderlich sein, um eine außerhalb der regulären Vergütung erfolgende Zahlung zu rechtfertigen. Die Anforderungen daran sind jedoch nicht zu überspannen: Wenn der Gesetzgeber eine gesamtgesellschaftliche Situation wie z. B. die Corona-Pandemie oder aktuell den dramatischen Anstieg insbesondere der Energiepreise zum Anlass für eine Steuerprivilegierung für Ausgleichszahlungen nimmt, dürfte bereits darin ein hinreichender Anlass für Sonderzahlungen gemäß § 18a TVöD liegen.
Situation wie z. B. die Corona-Pandemie oder aktuell den dramatischen Anstieg insbesondere der Energiepreise zum Anlass für eine Steuerprivilegierung für Ausgleichszahlungen nimmt, dürfte bereits darin ein hinreichender Anlass für Sonderzahlungen gemäß § 18a TVöD liegen.
GESTALTUNGSEMPFEHLUNG
3. Betriebliche Umsetzung
Eine Umwidmung des für die leistungsorientierte Bezahlung vorgesehenen Gesamtbudgets ist nur durch Betriebs- oder freiwillige Dienstvereinbarung möglich. Der damit verbundene Gestaltungsaufwand ist jedoch relativ gering, da eine individuelle, leistungsorientierte Differenzierung nicht erforderlich ist. Eine Umsetzung ist daher ohne weiteres auch noch für das Jahr 2022 möglich, wenn die Betriebsparteien sich darüber grundsätzlich einig sind.
Insbesondere in Verwaltungen oder Betrieben, in denen aufgrund einer nach der tariflichen Regelung erfolgten undifferenzierten Auszahlung Restvolumina aus den Vorjahren verblieben sind, kann deren Verwendung für eine steuerbegünstigte Inflationsausgleichsprämie eine für beide Seiten attraktive Gelegenheit zum Abbau dieser „Altlasten“ sein. Dies umso mehr, weil aufgrund der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 11c EStG auch keine Sozialversicherungsbeiträge und damit auch keine Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung anfallen.