BFH – Kein Aufteilungsgebot bei Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen (Beschluss vom 17.08.2023, Az.: V R 7/23)

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Sachverhalt

Im Verfahren V R 7/23 hatte der BFH über die Frage der Aufteilung von Vermietungsleistungen zu entscheiden. Während die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Gebäuden nach § 4 Nr. 12 Satz 1 a) UStG umsatzsteuerbefreit ist, gilt dies nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht für sog. Betriebsvorrichtungen. Wenn Grundstücke mitsamt Betriebsvorrichtungen überlassen werden, liegt eine sog. gemischte Vermietung vor. Nach früherer Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 28.5.1998 – V R 19/96) bestand bei einer derartigen Überlassung ein Aufteilungsgebot zwischen steuerfreier Grundstücksvermietung und steuerpflichtiger Überlassung von Betriebsvorrichtungen.

Im vorliegenden Fall verpachtete der Kläger Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall. Die Vorrichtungen dienten der Fütterung in der Putenhaltung, um die Tiere unter Einsatz einer Industrieförderspirale in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Ferner wurden abgestimmte Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie spezielle Beleuchtungssysteme mit überlassen.

Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt steuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war. Demgegenüber vertrat die Beklagte (Finanzamt) die Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der beim Kläger entstandenen Kosten zu 20 % auf die Vorrichtungen und Maschinen entfalle und insoweit steuerpflichtig sei.

Entscheidungsgründe

Der BFH folgt nunmehr der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Finanzamt X vom 04.05.2023 – C-516/21) sowie der Ansicht des Klägers unter Aufgabe seiner eigenen Ansicht aus früherer Rechtsprechung und stellt klar, dass § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Betriebsvorrichtungen anzuwenden ist, soweit es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung handelt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags nach § 4 Nr. 12 Satz 1 a) UStG steuerfrei ist, so dass eine einheitliche Leistung vorliegt. Dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung kommt demnach Vorrang vor einem etwaigen Aufteilungsgebot zu. Der BFH stellt weiterhin klar, dass aus § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG – auch in Ansehung des unionsrechtlich zu Grunde liegenden Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c) MwStSystRL – kein zwingendes Aufteilungsgebot erwächst.

Praxisauswirkungen

In Fällen sog. gemischter Vermietung sollte fortan stets geprüft werden, ob eine einheitliche und damit in Gänze steuerfreie Vermietungsleistung vorliegt oder umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilende Einzelleistung. Bei der Annahme einer in Gänze steuerfreien Vermietungsleistung ist zudem auf den Wegfall der Vorsteuerabzugsberechtigung hinsichtlich der (vormals) steuerpflichtigen Überlassung der Betriebsvorrichtungen zu achten. Eine Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG müsste dann die gesamte Vermietungsleistung umfassen.

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Autor*in dieses Artikels:

Arne Lönnecker, LL.M. (UQ, Brisbane)

Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Steuerrecht

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