Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Handyverbot am Arbeitsplatz

| Arbeitsrecht

Hintergrund

Das Smartphone ist aus dem Lebensalltag der meisten Menschen kaum wegzudenken. Der Themenkomplex der privaten Nutzung am Arbeitsplatz sorgt dabei in der Praxis immer wieder für Friktionen. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich aktuell (Beschluss vom 17.10.2023, Az.: 1 ABR 24/22) mit der Frage zu beschäftigen, ob und inwieweit dem Betriebsrat vor dem Hintergrund des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht angesichts eines Handyverbots am Arbeitsplatz zusteht. Nach dieser Vorschrift steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht (nur) hinsichtlich der Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb zu, während Handlungen und Verhaltensweisen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den arbeitsvertraglichen Leistungspflichten stehen, mitbestimmungsfrei (so u.a. BAG, Urteil vom 11. Juni 2002, AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 38) sind.

Sachverhalt

In dem vorliegenden Rechtsstreit hatte die Arbeitgeberin, ein Unternehmen der Autozulieferindustrie mit ca. 200 Mitarbeiter:innen, per Aushang Folgendes bekanntgegeben:

„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit weisen wir Sie darauf hin, dass jede Nutzung von Mobiltelefonen/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet ist. Sofern gegen dieses Verbot verstoßen wird, ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen – bis zur fristlosen Kündigung – zu rechnen“.

Im Betrieb der Arbeitgeberin kann es an diversen Arbeitsplätzen zu Leerlauf- und Wartezeiten kommen. Die betroffenen Beschäftigten werden in diesen Zeiten teilweise von der Arbeitgeberin anderweitig eingesetzt. Dabei gibt es auch teilweise Nebenarbeiten, welche die Beschäftigten ausführen können, ohne dass es einer Anweisung im Einzelfall bedarf (Aufräumen des Arbeitsplatzes, Nachfüllen von Verbrauchsmaterial, etc.).

Rechtliche Einordnung

Der Betriebsrat leitete vorliegend ein Beschlussverfahren ein. Er beantragte, der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, die Nutzung von Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit zu verbieten, solange der Betriebsrat dem Verbot nicht zugestimmt habe oder die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist. Der Betriebsrat ist der Ansicht, dass die Arbeitgeberin mit dem Verbot sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt hätte; ein Handyverbot stehe nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit arbeitsvertraglichen Leistungspflichten. Insbesondere bei Leerlauf- oder Wartezeiten im Betriebsablauf sei (nur) das Ordnungsverhalten der Beschäftigten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes betroffen. Die Smartphone-Nutzung während dieser Zeit habe gerade keine negativen Auswirkungen auf die Arbeitsleistung.

Die Arbeitgeberin vertrat die Ansicht, sie habe durch Einführung des Verbotes lediglich die Arbeitspflicht der Beschäftigten konkretisiert. Im Unterschied zum Radiohören müsse der Beschäftigte bei der Nutzung des Smartphones selbst aktiv werden. Sie verweist darauf, dass die Erreichbarkeit der Mitarbeiter gewährleistet und die Nutzung des Smartphones in Pausenzeiten erlaubt ist.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Beschluss vom 13.10.2022, Az.: 3 TaBV 24/22) bestätigte die antragsabweisende Entscheidung der ersten Instanz und wies die vom Betriebsrat dagegen eingelegte Beschwerde zurück, lies jedoch die Revision zum Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zu: Die Weisung der Arbeitgeberin betreffe das Arbeitsverhalten der Beschäftigten, dessen Regelung zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Betriebes einzig und allein in den Händen der Arbeitgeberin liege. Der Aushang der Arbeitgeberin regele folglich nur das Verhalten der Beschäftigten während der Arbeitszeit und soll dafür sorgen, dass externe Ablenkungen vermieden werden. Die private Smartphone-Nutzung stehe der Arbeitsleistung entgegen und halte vielmehr von dieser ab. Unstreitig können Beschäftigte, die ihr privates Handy nutzen, regelmäßig keine Arbeitsleistung erbringen. Der Blick auf das Telefon, dessen Entsperren und die weitere Beschäftigung damit verhindern, dass die Beschäftigten ihrer Arbeit nachgehen.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats durch Beschluss vom 17. Oktober 2023 zurückgewiesen und damit den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen zumindest im Ergebnis bestätigt. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen bleibt jedoch die bisher noch nicht veröffentlichte Entscheidungsbegründung des Bundesarbeitsgerichts abzuwarten.

Konsequenzen für die Praxis

Verbietet ein Arbeitgeber der Belegschaft während der Arbeitszeit, das private Smartphone zu benutzen, unterliegt dies nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates. Betroffen ist ausschließlich das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten. Dies gilt auch dann, wenn während der Arbeitszeit Warte- und Leerlaufzeiten auftreten, die nicht den hauptsächlichen Teil der Arbeitszeit ausmachen, insbesondere für Zeiten der sogenannten Arbeitsbereitschaft am Arbeitsplatz, nicht jedoch für die gesetzlichen Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, die gerade nicht zur Arbeitszeit gehören.

Differenzierende Lösungen dürften angezeigt sein, wenn in die geschuldete Arbeitszeit regelmäßig Zeiten fallen, in denen vom Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung verlangt wird, etwa während eines Bereitschaftsdienstes oder bei länger andauernden Phasen der Arbeitsbereitschaft.

Arbeitgeber:innen sind folglich grundsätzlich nicht verpflichtet, Ablenkungen der Belegschaft durch private Handynutzung am Arbeitsplatz zu dulden, sondern können eigenständig wirksame Regelungen schaffen.

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Autor*in dieses Artikels:

Dr. Uwe Simon

Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Schwerpunkte:

  • Arbeitsrecht
  • Sozialversicherungsrecht
  • Betriebsrentenrecht