Ein wegweisendes Urteil zur Umsatzbesteuerung einheitlicher Leistungen oder ein Einzelfall?

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In dem Rechtsstreit zwischen einer Gebietskörperschaft, die ein Schwimmbad mit Sauna betreibt, und dem Finanzamt ging es um die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die kombinierte Nutzung von Schwimmbad und Sauna.

Sachverhalt

Die Gebietskörperschaft (Klägerin) bot den Kunden einen einheitlichen Eintrittspreis für die Nutzung sowohl des Schwimmbades als auch der Sauna. Sie vermarktete dieses Angebot als besonderes Paket und rechnete die Eintrittsgelder bisher anteilig nach einem ermäßigten Umsatzsteuersatz ab. Dies basierte auf Schätzungen der Nutzerzahlen, die durch ein Lesegerät am Saunaeingang ermittelt wurden. Die Zählung war aber lediglich eine grobe Schätzung, da die Nutzer der Sauna das Lesegerät mehrmals nutzen konnten bzw. auch Nichtnutzer das Lesegeräte genutzt haben, die letztendlich den Saunabereich wieder verlassen haben.

Das Finanzamt entschied nach einer Sonderprüfung, dass alle Umsätze aus dem Betrieb des Schwimmbades einschließlich der Sauna dem Regelsteuersatz unterliegen sollten, da auf Grundlage des BMF-Schreibens vom 18.12.2019 aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers der dominierende Bestandteil der Leistung nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Dies führte zu einer Änderung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung, gegen die die Klägerin zunächst Einspruch einlegte und schließlich Klage erhob.

Entscheidung

Das Finanzgericht musste bewerten, ob die kombinierte Nutzung von Schwimmbad und Sauna eine einheitliche Leistung darstellt und wie diese steuerlich zu behandeln ist. Die Klägerin argumentierte, dass die Hauptnutzung das Schwimmbad betrifft und die Sauna lediglich eine untergeordnete Nebenleistung sei, die einen ermäßigten Steuersatz rechtfertigt. Das Finanzamt argumentierte hingegen, dass beide Bereiche gleichwertige Bestandteile des Angebots sind und daher der Regelsteuersatz anwendbar ist.

Das Gericht stellte fest, dass die kombinierte Nutzung von Schwimmbad und Sauna aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eine einheitliche, untrennbare wirtschaftliche Leistung darstellt, die den vollen Regelsteuersatz rechtfertigt. Es betonte, dass beide Einrichtungen aus Sicht der Verbraucher wesentliche Bestandteile des Angebots sind und nicht künstlich in Haupt- und Nebenleistungen aufgeteilt werden können. Auf dieser Grundlage wurde die Klage der Gebietskörperschaft als unbegründet zurückgewiesen und die Anwendung des Regelsteuersatzes für die kombinierte Nutzung von Schwimmbad und Sauna bestätigt.

Praxisfolgen

Entscheidungserheblich war, dass der einheitlichen Leistung zwei Hauptleistungen zugrunde gelegen haben sollen, sodass diese im Ergebnis nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen konnte. Das Gericht hat dies damit begründet, dass aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers, der entsprechend dem wirtschaftlichen Zweck der von der Klägerin verbundenen Leistungselemente auch beide Leistungen in Anspruch nimmt, in qualitativer Hinsicht weder das Schwimmbad noch die Sauna von untergeordneter Bedeutung ist. Eine Nutzung der Sauna von lediglich 17% der Nutzer im Jahresdurchschnitt wurde nicht als untergeordnete Nutzung angesehen. Das zur Begründung angeführte Urteil des EuGH vom 10.11.2016 (C-432/15) zum Pferdesport hatte verschiedene Leistungselemente zum Inhalt, die auch alle vom Kunden in Anspruch genommen und auch individuell vertraglich vereinbart wurden. Dies ist ein entscheidender Unterschied zum Urteilssachverhalt, ohne dass dieser Auswirkungen auf die Entscheidung hatte. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass in ähnlich gelagerten Sachverhaltskonstellationen (z.B. Übernachtung und Frühstück) andere Gerichte zu anderen Rechtsfolgen gelangen könnten.

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Autor*in dieses Artikels:

Marcel Baumgart

Steuerberater,
Dipl.-Wirtschaftsjurist (FH),
Fachberater für Unter­nehmens­nach­folge (DStV e.V.)

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